Textstellen aus meinen Lieblingsbuechern

wird natuerlich noch weiter ausgebaut (Idea by Ulrich Mohr und Patrick Roessler, first seen on Ulrich Mohr's homepage)

Memoiren einer Tochter aus gutem Hause

Simone de Beauvoir

Seite 344:
Vier Tage noch verlangte sie in der Klinik von Saint-Cloud "meine Geige, Pradelle, Simone und Champagner". Das Fieber ging nicht zurück. Ihre Mutter bekam das Recht, die letzte Nacht bei ihr zu verbringen. Zaza erkannte sie und wußte, daß sie sterben würde. "Sei nicht traurig, liebste Mama", sagte sie. "In allen Familien gibt es einen Versager: dieser Versager bin ich."

Als ich sie in der Kapelle der Klinik widersah, lag sie zwischen Kerzen und Blumen gebettet da. Sie trug ein langes Nachthemd aus steifer Leinwand. Ihr Haar war noch gewachsen, es umrahmte mit starren Locken ein Gesicht, das so gelb und so mager war, daß ich kaum ihre Züge darin wiederfand. Ihre Hände mit den langen, bleichen Nägeln lagen auf dem Kruzifix gekreuzt und sahen so mürbe aus wie die einer sehr alten Mumie. Madame Mabille schluchzte. "Wir sind nur Werkzeuge in den Händen Gottes gewesen" sagte Monsieur Mabille zu ihr.

Die Ärzte sprachen von Meningitis, von Encephalitis, niemand erfuhr jemals etwas Genaues. Handelte es sich um eine ansteckende Krankheit, einen Unfall? Oder war Zaza einem Übermaß an Müdigkeit und Beängstigung erlegen? Oft ist sie mir nachts erschienen mit ihrem gelben Gesicht unter einer kleinen Glocke aus rosa Filz und hat mich vorwurfsvoll angeschaut. zusammen haben wir beide gegen das zähflüssige Schicksal gekämpft, das uns zu verschlingen drohte, und lange Zeit habe ich gedacht, ich hätte am Ende meine Freiheit mit ihrem Tod bezahlt.

Interview with a Vampire

by Anne Rice

Seite 163:
"I would put the book down and look out the porthole, feeling the gentle rocking of the sea, seeing the stars, more clear and brilliant than they had ever been on land, dipping down to touch the waves. It seemed at moments, when I sat alone in the dark stateroom, that the sky had come down to meet the sea and that some great secret was to be revealed in that meeting, some great gulf miraculously closed forever. But who was to make this revelation when the sky and sea became indistinguishable and neither any longer was chaos? God? Or Satan? It struck me suddenly what consolation it would be to know Satan, to look upon his face, no matter how terrible that countenance was, to know that I belonged to him totally, and thus put to rest forever the torment of this ignorance. To step through some veil that would forever separate me from all that I called human nature.

"I felt the ship moving closer and closer to this secret. there was no visible end to the firmament; it closed about us with breathtaking beauty and silence. But then the words put to rest became horrible. Because there would be no rest in damnation, could be no rest; and what was this torment compared to the restless fires of hell? The sea rocking beneath those constant stars - those stars themselves - waht had this to do with Satan? And those images which sound so static to us in childhood when we are all so taken up with mortal frenzy that we can scarce imagine them desirable: seraphim gazing forever upon the face of God itself - this was rest eternal, of which this gentle, cradling sea was only the faintest promise."But even in these moments, when the ship slept and all the world slept, neither heaven nor hell seemed more than a tormenting fancy. To know to believe, in one or the other ... that was perhaps the only salvation for which I could dream.

Seite ???:
I wanted desperately to talk to him, to stop him with both my hands on his shoulders, merely to look into his eyes again as I'd done that last night, to fix him in some time and place, so I could deal with the excitement inside me. There was so much I wanted to tell him, so much I wanted to explain. And yet I didn't know what to say or why I should say it, only that the fullness of the feeling continued relieve me almost to tears. This was what I'd feared lost.

Ulysses

von James Joyce

Seite 7:
Stattlich und feist erschien Buck Mulligan am Treppenaustritt, ein Seifenbecken in Händen, auf dem gekreuzt ein Spiegel und ein Rasiermesser lagen. Ein gelber Schlafrock mit offenem Gürtel bauschte sich leicht hinter ihm in der milden Morgenluft. Er hielt das Becken in die Höhe und intonierte:
- Introibo ad altare Dei.
Innehaltend spähte er die dunkle Wendeltreppe hinunter und kommandierte grob:
- Komm rauf, Kinch! Komm rauf, du feiger Jesuit!
Feierlich schritt er weiter und erstieg das runde Geschützlager. Dort machte er kehrt und segnete würdevoll dreimal den Turm, das umliegende Land und die erwachenden Berge. Dann gewahrte er Stephen Dedalus, verneigte sich vor ihm und schlug rasche Kreuze in die Luft, kehlig glucksend, in seiner Länge pferdehafte Gesicht, das ihn segnete, und das helle untonsurierte Haar, das fleckig getönt war wie matte Eiche. Buck Mulligan lugte kurz unter den Spiegel und deckte dann mit pfiffiger Miene das Becken zu.
- Huschhusch ins Körbchen, sagte er streng. Und im Ton eines Predigers fügte er hinzu:
- Denn dies, o geliebte Gemeinde, ist der wahre eucharistische Jakob: Leib und Seele, potz Blut und Wunden. Getragene Musik, wenn ich bitten darf. Die Augen zu, Herrschaften. Einen Moment. Kleine Panne mit den weißen Korpuskeln. Silentium alle!
Er spähte schräg in die Höhe und stieß einen langen leisen rufenden Pfiff aus, dann verhielt er eine Weile in gespannter Aufmerksamkeit, und seine ebenmäßigen weißen Zähne glitzerten hier und da golden gepunktet. Chrysostomos. Zwei starke schrille Pfiffe antworteten durch die Stille.
- Danke, alter Freund, rief er munter. Das reicht dicke. Stell den Strom ab, ja?
Er hopste vom Geschützlager und blickte ernst auf seinen Beobachter, die losen Falten seines Schlafrocks um die Beine raffend. Das feiste verschattete Gesicht mit dem grämlich ovalen Kinn erinnerten an einen Prölaten, Patron der Künste im Mittelalter. Ein freundliches Lächeln brach gelassen über seine Lippen.
- So was Komisches, sagte er heiter. Dein absurder Name, ein oller Grieche.
Er hob gutmütog scherzhaft den Finger und ging, vor sich hinlachend, hinüber an die Brustwehr. Stephen Dedalus kam heraufgestiegen, folgte ihm müde den halben Weg und setzte sich auf die Kante des Geschützlagers, still weiter beobachtend, wie er seinen Spiegel auf die Brustwehr stellte, den Pinsel in das Becken stippte und sich Wange und Hals einseifte.
Buck Mulligans heitere Stimme plauderte fort.
- Mein Name ist genauso absurd: Malachi Mulligan, zwei Daktylen. Aber er hat was Hellenisches im Klang, oder? Flott und sonnig wie Buck, der Bock und Lebemann, höchstselbst. Wir müssen unbedingt mal nach Athen. Kommst du mit, wenn ich's schaffe, daß die Tante zwenzig Pfündchen rausrückt?
Er legte den Pinsel beiseite und schrie vor Vergnügen lachend:
- Kommt er mit, der dicke Jesuit?
Abbrechend begann er sich mit Sorgfalt zu rasieren.

Wahlverwandtschaften

von Goethe

Seite 131:
Es ist eine so angenehme Empfindung, sich mit etwas zu beschäftigen, was man nur halb kann, daß niemand den Dilettanten schelten sollte, wenn er sich mit einer Kunst abgibt, die er nie lernen wird, noch den Künstler tadeln dürfte, wenn er, über die Grenze seiner Kunst hinaus, in einem benachbarten Felde sich zu ergehen Lust hat.

"Das Glasperlenspiel"

von Hermann Hesse

Seite 467:
Der See, aus Gletscherwassern gespeist und selbst im wärmsten Sommer nur für sehr Abgehärtete bekömmlich, empfing ihn mit einer Eiseskälte von schneidender Feindseeligkeit. Er war auf einen tüchtigen Schauder gefaßt gewesen, nicht aber auf diese grimmige Kälte, die ihn ringsum wie mit lodernden Flammen umfaßte und nach einem Augenblick aufwallenden Brennens rasch in ihn einzudringen begann. Er war nach dem Absprung schnell wieder emporgetaucht, entdeckte mit großem Vorsprung vor sich den Schwimmer Tito wieder, fühlte sich von dem Eisigen, Wilden, Feindseligen bitter bedrängt und glaubte noch um die Verringerung des Abstandes, um das Ziel des Wettschwimmesn, um die Achtung und Kameradschaft, um die Seele des Knaben zu kämpfen, als er schon mit dem Tode kämpfte, der ihn gestellt und zum Ringen umarmt hatte. Mit allen Kräften kämpfend hielt er ihm stand solange das Herz noch schlug. Der junge Schwimmer hatte des öftern zurückgeblickt und mit Genugtuung wahrgenommen, daß der Magister ihm ins Wasser gefolgt sei. Nun spähte er wieder, sah den andern nicht mehr, wurde unruhig, spähte und rief, kehrte um und beeilte sich, um ihm beizustehen.

"Narziß und Goldmund"

von Hermann Hesse

Seite 145: Wieder trieb das Eis die Flüsse hinab, wieder duftete es unterm faulen Laub nach Veilchen, wieder lief Goldmund durch die bunten Jahreszeiten, trank mit unersättlichen Augen die Wälder, Berge und Wolken in sich ein, wanderte von Hof zu Hof, von Dorf zu Dorf, von Frau zu Frau, saß manchen kühlen Abend beklommen und mit Weh im Herzen zu Füßen eines Fensters, hinter dem Licht brannte und aus dessen rotem Schein ihm hold und unerreichbar alles strahlte, was es an Glück, an Heimat, an Frieden auf Erden geben mochte. Alles kam wieder und wieder, was er nun schon so wohl zu kennen glaubte, alles kam wieder und war doch jedesmal anders: das lange Wandern über Feld und Heide oder auf steiniger Straße, das sommerliche Schlafen im Walde, das Schlendern in Dörfern, hinter den Reihen der jungen Mädchen her, die Hand in Hand vom Heuwenden oder vom Hopfenlesen heimkamen, das erste Schauern des Herbstes, die bösen ersten Fröste - alles kam wieder, einmal, zweimal, endlos lief das bunte Band vor seinen Augen hin.